Adventskalender 2012

9. Dezember 2012

Die Lichter und die Bewahrung. Heute ist der 09.12.2012 und weil es Sonntag ist, wir vermutlich alle ein klein bisschen mehr Zeit als sonst, mute ich euch heute einen etwas längeren Text zu. Ich freue mich, euch zu sehen!

Sicher kennt ihr den Spruch: „Und wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo… „. Nein, nicht immer kommt direkt so ein Licht. Manchmal, wenn man denkt, es geht nicht mehr, dann kommt es noch schlimmer! Und was macht man dann?

Aufmerksame Leser des Tagesthreads haben vielleicht schon einmal gesehen, dass ich den Hinweis schrieb, passt gut auf die Kerzen im Advent auf! Er hat Gründe. Als vor ein paar Tagen meine Jungs alle in Aachen waren, hatten wir eigentlich vor, ein Thema zu klären. Ich wollte gern über mein Testament mit ihnen sprechen. Sie gehen alle recht unterschiedlich damit um. Wenn man sich nicht darüber äußern will wie die B´s, versucht man, den Tod zu verdrängen, ins Morgen – später – ganz weit weg zu schieben! Die Großen sind mittlerweile Erwachsene, die erkannt haben, es ist sinnvoll etwas zu regeln. Schriftliche Erklärungen sind dann verbindlich und es bleibt kein Raum für Umdeutungen. Auch wenn das Thema als Solches nichts ist, was sie sich bevorzugt auf die Tagesordnung holen würden. Aber da ich in den letzten Monaten intensive Probleme hatte, erkannten alle Beteiligten, dass es schon sinnvoll ist, einiges zu klären. Deshalb wollte ich den Abend dafür nutzen.

Ich hatte/habe eigentlich recht klare Vorstellungen, was ich will und welche Wünsche ich an meine Hinterbliebenen habe. Aber so recht kamen wir mit dem Thema nicht voran. Da es am Vorabend einer Untersuchung war, wollte ich aber dennoch reden. Wir aßen gemeinsam Abendbrot und dann kamen wir, Nadine und ich erst einmal ins Gespräch. Die Jungs machten es sich im Wohnzimmer gemütlich und die Tür zu. Wir Frauen räumten den Tisch und die Küchenutensilien auf und weg und nachdem wir ca. eine halbe Stunde erzählt hatten, wollte ich Abfall wegbringen. Als ich die Tür zum Flur öffnete brannte es in meiner Wohnung. Ich öffnete den Raum und stand im dichten Qualm. Ich sah die Platte der Kommode brennen, auf der eine Kerze gestanden, die ich vergessen hatte. Sie war ca 25 Jahre alt, eine „olle Dekokerze von früher“…. und ich hatte sie am Tag aus dem Keller mitgebracht und angezündet. Der letzte Blick darauf war vor dem Essen und da waren mindestens noch 10 cm Wachshöhe zu sehen gewesen. Normalerweise…. brennen die ganz langsam und meist erstickt der Docht im Wachs weil sie bei der Dicke von ca. 8 cm nicht gleichmäßig abbrennen. Normalerweise – aber es war eben anders.

Meine erste Reaktion war ins Bad zu rennen, das genauso schwarz war. Ich öffnete zuerst das Fenster, dann nahm ich ein Handtuch und erstickte den Brand, der mit einer Ausdehnung von ca 25-30 cm auf der Kommode war. Anschließend rannte ich an alle anderen Fenster und öffnete diese weit. Zurück ins Wohnzimmer holte ich die Kinder zur Hilfe. Als ich rief – es brennt, fragte Raiko: „Wo?“ und schaute aus dem Fenster. HIER!

Nach ein paar Minuten begann sich der Rauch nach draußen zu verziehen und ich konnte den Umfang des Schadens erkennen. Der Flur – schwarz. Kerzenwachs, geschmolzene Bilderrahmen, geschmolzenes, verbrannter Kunststoff war an der Kommode hinten herunter gelaufen und hatte den Fußboden mit einer Schicht überdeckt. Der Geruch, unbeschreiblich! Das Bad – beginnend von der Tür zum Fenster – schwarz, das Arbeitszimmer sah aus wie nach einem Ascheregen, schwarz gesprenkelt. Stoffe, Maschinen, Tische – voller Ruß. Die Kinder schimpften mit mir, da ich immer wieder im Flur und Bad war und meine Nasenflügel ganz schwarz waren. Es war ca. 21 Uhr und ein paar Atemzüge mehr im Qualm, eine kurze Zeit später – der Verlauf wäre ein anderer gewesen.

Mitten in der Nacht begannen wir die Hemnes Kommode abzubauen und in den Hof zu bringen. Wir nahmen Vorhänge und Gardinen ab, rissen Tapeten und nahmen Lampen ab. Die Waschmaschine lief von da ab im Dauerbetrieb. Am nächsten Morgen musste ich zur Magenspiegelung und einen Tag später auf Station. Ihr werdet sicher genau wie ich fragen, wieso das passierte? Vor der Wohnungstür, die alles andere als dicht ist, hängt ein Rauchmelder. Er ging nicht an. Im Haus war nur ganz wenig zu merken und von meinen Mitbewohnern hat es noch kein Nachbar gemerkt. Wir saßen 5 m hinter dem Brandherd und merkten, rochen nichts. Meine Jungs halfen wo sie konnten und auch Nadine packte sofort an. Kein Wort des Vorwurfs, kein Spektakel, kein – hättest du doch(!). Ich hatte sie angezündet und vergessen, weil ich mir sicher war, dass sie noch lange, lange brennen wird. Tja und nun?

Der Flur, den ich vor fast genau einem Jahr ganz allein verputzt und in intensiver Arbeit renoviert hatte und auf den ich so stolz war, ist nackt und kahl. Keine Tapeten, keine Möbel, keine Lampe. Da ich mich gesundheitlich nicht so ganz traue, mit der Renovierung anzufangen, gehe ich mehrfach täglich durch einen immer noch leicht müffelnden Gang und schwanke zwischen Wehmut und Hoffnung, dass es auch dort wieder schön wird. Nicht gleich, aber irgendwann. Man sagt, wenn Menschen öfter umgezogen sind, sie sind wie „abgebrannt“. Auch emotionale Tiefpunkte fühlen sich so an und Beides kenne ich leider intensiv, wie das aber real ist, weiß ich erst seit ein paar Tagen.

Auch wenn es brennt ist nicht nur der eigentliche Brandherd ein großes Problem, sondern alles das was ringsherum ist und mit einbezogen wird. Wenn ich mir überlege, wie klein die Fläche im Verhältnis zum Schaden war, erschreckt mich das sehr. Und es gibt so viele Parallelen zu meinem Leben.

Kleine Ursache, große Wirkung sagt der Volksmund. Ein Streichholz war es, ein Wort kann es sein, eine Entscheidung. All das kann sich zu einer großen Last aufbauen und zu einer schlimmen Entwicklung. Und wenn du denkst, es geht nicht mehr – dann kommt von irgendwo ein Lichtlein her? Das Licht, das so wunderbar warm flackerte hatte zerstörerische Wirkung. Ja, das ist die Sachstandbeschreibung. Und ich fragte mich – Herr was noch??? Es wird keine Antwort im Moment auf diese Frage geben, außer die – ich war unachtsam. Dafür kommt keine Versicherung auf. Es ist passiert, während wir alle da waren. Ein Unglück hätte uns vollständig treffen können, denn der Rauch war nicht gesund und der Brand kurz vorm Übergreifen. Eine kurze Zeit später hätte die ganze Kommode gebrannt, die Tapete war schon kochend heiß. Ich kam noch im rechten Moment.

In solchen Momenten entscheidet es sich, ob man innen dennoch das Licht sehen kann und sehen will. Meine Familie, die so sehr angegriffen wurde, blieb bewahrt. Wir hatten den Tod vor Augen und wie schnell es gehen kann, ihn gewahr zu werden. Gesprochen haben wir letztendlich gar nicht mehr darüber. Aber gehandelt – miteinander und füreinander. Ich bin ganz sicher, dass es da ist. Ich habe Vertrauen, dass der Tag kommt, an dem der Flur wieder schön ist, mein Leben wieder mit ertragbar weniger Last und die Angst vor Kerzen wieder relativiert.

Bis dahin nehme ich in Anspruch, Gelassenheit zu erbitten, den Abbau der Scham über das Geschehene und das Erschrecken, das ohne Zweifel auch da ist. Gott sei Dank aber ist es nicht eine Frage der Schuld, die wir wegen der Kerze in der Familie klären müssen.

Nach diesem Text ist es nun sicher nicht ganz einfach, sich auf die leichten Sachen des Adventskalenders einzustellen. Ich habe vor ein paar Tagen einen Adventskranz gekauft und heute werden wir ihn – immer im Blick habend – anzünden. Vorab allerdings kommen die Geschenke zum Einsatz, die ich schon von Marc bekam. Energisch brachte er sie mir vorbei und sagte entschieden, er könne damit nicht mehr bis Weihnachten warten! Fünf nagelneue Rauchmelder für alle Räume meiner Wohnung legte er auf den Tisch. Immerhin, so meinte er, will er mich und die B´s noch eine ganze Weile behalten! 😉 Lieb, stimmts?

Sie bringen kein Licht mit, aber einen ohrenbetäubenden Krach. Ich hoffe, ich werde ihn nie hören. Denn – Lieber Gott, ich denke jetzt wirklich, es geht nichts mehr. Danke!

Auf Kerzen werde ich in Zukunft ganz besonders aufpassen. Ihr sicher auch – habt einen schönen 2. Advent!

Alles Liebe!
Eure Anne

Heike war so lieb und hat eine ihrer traumhaft schönen, handgemachten Taschen gespendet – also, wer ein wenig Farbe in den grauen Winter-Alltag bringen will, sollte unbedingt teilnehmen!

Und was immer „Prötz-Prötz“ sein mag, das Rezept ist ein wohlgehütetes Familiengeheimnis von Sabin und involviert Quark… also pssst, nicht weiter erzählen! (wer aber einmal linsen will, klickt auf das Bild…)

Rezept Dessert Prötz-Prötz Download
Verlosung Tasche von Heike

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, nur eine Teilnahme pro Gewinn, Person & IP-Adresse, Teilnahme jeweils bis 24 Uhr – und jetzt? Viel Glück!

Die Gewinner der Vortage kannst Du immer HIER einsehen.