Grüße zum 12. Dezember 2020
Adventskalender 2020

12. Dezember 2020

Heute ist die Mitte der Adventszeit – Bergfest sozusagen. Ab jetzt, so schrieb ich in unzähligen Jahren wird rückwärts gezählt. Da vergeht die Zeit schneller bis zum heiligen Abend, zumindest gefühlsmäßig.

Aber den Tag heute möchte ich weniger mit den Betrachtungen zur Adventszeit verknüpfen, wohl aber mit Emotionen.
Heute, am 12.12.2020 heiratet meine „neue“ Andrea und ich wünsche ihr und ihrem Mann von Herzen Erfolg im gemeinsamen Leben, natürlich Glücklichsein und Liebe, die auch dann bleibt, wenn der Alltag mit seinen Höhen und Tiefen herausfordert. Alles, alles Gute!
Die neue Andrea gehört zu meinen Kollegen*innen aus dem Einwohnermeldeamt und heute wird sie einen neuen Lebensabschnitt beginnen. 
Wenn es eine neue Andrea gibt, gibt es auch eine „alte“ Andrea und davon eigentlich mehrere. In jeder Arbeit oder in den Bereichen, in denen ich aktiv unterwegs bin, gibt es mindestens eine Andrea und wenn ich dann über sie erzähle, dann beschreibe ich die gemeinte Andrea mit eben dieser Zeitbeschreibung. Als ich vor 3 Jahren da begann, waren alle Kollegen und Kolleginnen Single. In diesem Jahr ist es die 2. Hochzeit und 2021 wird es die Dritte geben. Dann sind alle Frauen wieder in festen Händen. Außer mir und das ist gut so und wird auch so bleiben.

Vor ein paar Tagen kam eine Dame zu mir zum Ummelden und wenn man dann den Datensatz aufruft, sieht man die Verknüpfung mit minderjährigen Kindern oder einem Ehepartner. Sie wollte sich ummelden. Da Ehepartner nicht zusammen kommen müssen, sondern Einer quasi den Anderen oder die ganze Familie „mitnehmen“ kann, ist es durchaus häufig, dass für Ummeldungen nur eine Person ins Amt kommt. Meine, unsere Nachfrage lautet dann – wer zeiht alles mit? – und sie wurde beantwortet mit dem Satz: Nur ich!
Nach 37 Jahren, so ergänzte sie dann mit Tränen in den Augen, hatte sie nun eine andere, eigene Wohnung angemietet und war ausgezogen. Siebenunddreißig Jahre – so lange bin ich Mutter. Das ist eine unglaublich lange Zeit. Die Tränen, für die sie sich entschuldigte (was sie hätte nicht tun müssen) lagen ein bisschen auch an der Zeit JETZT! und wie wird dann ein Weihnachten sein, wenn man ganz allein ist. Ich weiß nicht, ob es Kinder gibt und ich wollte auch nicht nachfragen. Es ist weder meine Aufgabe noch geht es mich etwas an. Trotzdem nehme ich in solchen Momenten den Kummer ganz doll wahr. Dabei ist es völlig egal, ob man geht oder verlassen wurde – die Trennung ist immer schmerzvoll und in der Vorweihnachtszeit wiegt sie doppelt schwer. Weil es Traditionen und Rituale gibt, die über Jahre eintrainiert wurden und die das Fest quasi in einen vertrauten Rahmen packen, der die Zeit strukturiert. Hat man diese Struktur nicht mehr, bleibt möglicherweise viel Zeit übrig, in der man dann in Trauer versinken kann. Davor haben die Menschen, die ich in solcher Situation getroffen habe, am meisten Angst. Sie haben eine Ahnung oder eine Vorstellung, dass es so sein wird und sie sind in dieser Erwartungshaltung schon vorab richtig traurig. 

Am Donnerstag Abend habe ich eine Sendung im Fernsehen gesehen, die mir dazu jetzt einfällt. „Menschen hautnah“ heißt die Reihe und die Episode hieß: „Männer allein zu Haus
Drei Männer die in einem Alter waren bzw. sind, in dem sie sich noch eine Partnerschaft wünschten und suchten. Besonders berührt hat mich der Witwer, der von seiner Frau, die plötzlich mitten aus seinem Leben verschwand in einer Art sprach und sich seiner Tränen nicht schämte, die von einer ganz großen Liebe und Verbundenheit zeugte. Als er für sich dann den Weihnachtsbaum kaufte (auch wie er es tat…. Zitat: Ich habe immer gehalten und sie hat genickt und nun muss ich das Alles alleine machen), fand ich bewegend.

Allein sein ist keine einfache Entwicklung und es erfordert eine Lernphase, in der man sich damit auseinander setzt und das Für und Wider der eigenen Hoffnungen und Wünsche erkennt. Ich bin wahnsinnig gern allein und dankbar für mein derzeitiges Leben und die damit verbundene Freiheit. Wirtschaftlich autark, eingebunden in ein gesundes soziales Netz, zufrieden in Job und vor allen mit den Kollegen*innen und mit Allem was mich umgibt, freue ich mich auch auf Weihnachten, das in großen Teilen auch allein sein wird, aber nicht einsam. Das ist ein Unterschied, denn diese Einsamkeit ist nicht daran gebunden, ob man allein lebt. Im Gegenteil, denn ich persönlich habe in einer Zweisamkeit die größte Einsamkeit meines Lebens gelebt.

Das ist, denke ich, Eines der möglichen Ziele wenn man sich trennt oder wenn man sich in eine feste Paarbeziehung begibt: dem eigenen Leben Zufriedenheit zurück zu geben oder neu zu begründen, die es ermöglicht nach einer Phase der Umstellung morgens aufzustehen und zu denken – Was habe ich für ein gutes Leben! 🤗
Ich denke, dass man unbedingt darauf achten sollte, dass man diese Einstellung bewahrt oder daran arbeitet sie zu bewahren. Eine gesunde Selbstliebe schafft es, dass man auch Liebe geben kann und nicht immer nur darauf wartet, sie zu erhalten. Diese Einstellung erfordert Arbeit von Beiden, wenn die Euphorie der ersten großen Liebe im Alltag verblasst.
Wenn ich das sage, ist das schon ein bisschen anmaßend, denn immerhin bin ich ja eine Mehrfachversagerin in diesem Thema. Insofern – die Theorie kannte ich wohl, nur mit der Praxis bin auch ich gescheitert. Ich sehe das aber nicht (mehr) als ein Versagen an oder als eine Schuld. Dazu geht es mir im Ergebnis ja sehr gut, warum sollte ich dann den  Verlauf und das Scheitern bedauern? Single sein ist eine Form des Lebens mit der man – so man das will – auch sehr glücklich sein kann.

Ich wünsche heute allen Frauen und Männern, die sich angesprochen fühlen eine gute Entscheidung in Bezug auf ihre Partnerwahl. Ein lautes und deutliches JA 💑  wenn es der Richtige ist und man gemeinsam weiter leben will! Sollte es nicht so sein, ist die Trennung = ein Wegzug nicht das 1. Mittel der Wahl, sondern eine gute ehrliche Reflektion der Wünsche und Enttäuschungen, die man hat. Wenn sich Selbige aber nicht ändern, dann, ja dann ist es egal welche Zeit ansteht – irgendwann nach der Trennung käme dann immer das 1. Weihnachten mit den oben beschriebenen Ängsten. Der Spruch – lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende – hat da schon einen tiefen Sinn.

Den Herren aus der Reportage wünsche ich die Erfüllung ihrer Sehnsüchte und euch/uns Allen einen schönen Tag. 
Bleibt gesund (nein, heute will ich auf dieses Thema nicht eingehen)
Eure Anne

 


Spruch des Tages

Das Leben hat keinen Sinn – außer dem, den wir ihm geben.
Thornton Wilder