Grüße zum 3. Dezember 2020
Adventskalender 2020

03. Dezember 2020

Gestern – das war mitten im Juli 2020 – hatte ich eine Begegnung, die mich beschäftigt und über die ich heute schreiben mag. Sie hat etwas mit Zuwendung zu tun, mit Berührungen im wirklichen Sinne und mit gelebtem Leben und Alter.

Gestern hatte ich einen alten Mann da, der einen neuen Personalausweis benötigte. Er wollte vorab Vorort ein Foto machen. Dazu muss ich sagen, haben wir ein sogenanntes Terminal vor Ort bei dem diese Bilder gemacht werden können. Leider war es unmöglich, das Bild zustande zu bringen, da es gesundheitlich überhaupt nicht ging. Er war sehr aufgeregt und mit jedem neuen Versuch wurde es schwieriger, den Anforderungen zu entsprechen. Der Mund war immer offen oder den Kopf konnte er nicht still halten.
Nachdem ich feststellte, dass der ältere Herr nicht zurecht kam, habe ich versucht zu helfen und diese Beobachtungen gemacht.  Ich habe ihn dann spontan an die Hand genommen um ihn zu stabilisieren. Und diese Berührung war es, über die ich schreiben möchte. Es fühlte sich an wie früher als ich meine Kinder an der Hand hielt und sie mit mir gingen. Er war überrascht und ich hatte das Gefühl dankbar. Der Händedruck war sofort fest. Er wurde im gleichen Moment ruhiger und stabiler. Das Foto konnten wir machen und der Herr wird einen neuen Ausweis erhalten können.

Das ist aber nicht das Entscheidende  – wichtig ist für mich heute der Sachverhalt, dass Berühren wichtig ist, Vertrauen und Sicherheit geben kann. Zulassen müssen es Beide, anbieten der vermeintlich Sichere. Situationen in dieser Art kann man nicht planen, aber sehr wohl wahrnehmen. Wenn man einmal wie ich gestern erlebt hat, welche Auswirkungen dann diese Handreichung im wörtlichen Sinn hat, dann weiß man, wie viel uns derzeit verloren gegangen ist mit der Notwendigkeit, sie auf ein Minimum zu reduzieren.
Ich weiß, dass es wichtig ist und richtig gerade die gefährdete Gruppe zu der dieser alte Mann gehört, zu schützen.
Ich weiß aber auch, dass es ganz wichtig ist, sie nicht Allein zu lassen. Wie immer das aussehen kann im Alltag, wir alle brauchen Berührungen. (ggf. mit vorheriger und anschließender Desinfektion und mit MNS)

Wenn dieser Text veröffentlicht wird, ist der 3. Dezember 2020. Im Moment ist es auch für mich überhaupt nicht absehbar, wie sich die Situation bis dahin verändert haben wird. Ich hoffe, wir finden einen Weg, alten Menschen im wirklichen und im übertragenen Sinne die Hand zu reichen und ihnen das Gefühl zu geben, dass man sie nicht loslassen wird, sie Hilfe haben und sich darauf verlassen können. „Ich bin da, ich halte Dich!“ 

Bleibt gesund und habt einen schönen Tag mit der Wahrnehmung, was wichtig ist!
Bis morgen

Eure Anne


Spruch des Tages

Der Mensch hat keine Zeit, wenn er sich nicht Zeit nimmt, Zeit zu haben.
Ladislaus Boros